Tuesday, September 26, 2006

Home again

Es ist soweit: die Schweiz hat uns wieder! Seit gut drei Tagen können wir uns wieder nach Lust und Laune auf Lozärndütsch unterhalten, in unserem eigenen Bett schlafen, am Morgen in knuspriges Brot beissen und mit unserem gemütlichen alten Opel Astra durch die Gegend kurven. Ich überlasse Adi das Vergnügen der ersten Fahrt und beschränke mich aufs Öffnen des Garagetors. Doch irgendwie scheint das Auto nicht mehr an seinen „Herr und Meister“ gewöhnt zu sein und bockt beim Anlassen gewaltig. Mit jedem Versuch hüpft die Blechkutsche näher an die Vorderwand der Garage. Als die Stossstange nur noch Millimeter davon entfernt ist, gibt Adi entmutigt auf. Ich meinerseits habe seit der Tankstellengeschichte noch eine Rechnung offen und möchte mein Image etwas aufpolieren. Ich wage also noch einen letzten Versuch, das Auto zu starten. Und siehe da, problemlos wie eh und je, springt es an und lässt sich gehorsam aus der Garage lenken. Adi steht ungläubig staunend und leicht verwirrt daneben, schliesslich sitzt da eine Frau am Steuer. Tja, liebster Adi, was beim Tumbler der Startknopf, das ist beim handgeschalteten Auto halt die Kupplung ;-)!

Aber zurück zu unseren letzten drei Wochen in Kanada: Das Aufrichtefest war sozusagen der Startschuss zu einem fulminanten Endspurt. Nebst vielen kleineren (doch leider oft auch zeitintensiven) Arbeiten standen noch das Einsetzen der Fenster und Türe an. Es gab zwei Gründe, weshalb wir damit so spät dran waren. Einerseits wurde unsere Blockhütte oder eben unser Blockhaus auf Wunsch von Johanne und Sylvain höher und aufwändiger als ursprünglich geplant. Das hatte auch zur Folge, dass wir Mitte Juli nochmals ein Dutzend Bäume schlagen mussten. Andererseits taten sich die beiden sehr schwer mit dem Organisieren von Fenstern. Sie konnten nicht nachvollziehen, wie wichtig es vor allem für Adi war, das Projekt zu beenden, d.h. ein Häuschen mit Dach, Fenstern und Türe zurück zu lassen. Als sie dann aus den dreiwöchigen Ferien in Frankreich zurückkamen, ohne die versprochenen Fenster bestellt zu haben (drei bis fünf Wochen Lieferfrist sind in Kanada gang und gäbe), riss uns der Geduldsfaden. Wir waren ganz nah dran, unser Material vorzeitig zusammen zu räumen, um statt Ärger noch drei schöne Ferienwochen zu haben. Dank Annie und Mario kam es nicht dazu. Kurz entschlossen bestellten sie zwei Fenster und eine Tür. MERCI BEAUCOUP! Wir blieben also, deckten das Dach und feierten ein Aufrichtefest, das selbst die Gallier vor Neid hätte erblassen lassen. In dieser Zeit besuchten uns auch noch meine Eltern, die ihre diesjährige Pensionierung mit einer siebenwöchigen Kanadareise „einläuteten“. Für sie war erst Halbzeit und nach drei Wochen im Wohnmobil durch Westkanada, genossen sie die drei ruhigen Tage bei uns ganz offensichtlich. Danke, dass ihr den Weg zu uns „raus“ gefunden habt! Auch wir genossen die Zeit mit euch sehr!


Und so ergaben sich halt gegen Schluss doch noch einige hektische Minuten, damit alles was anstand noch erledigt werden konnte. Das Einsetzen der Fenster gestaltete sich als weniger schwierig als erwartet, nur bei der Tür standen wir nochmals vor einem kleinen Problem: sie war zu hoch. Wir hätten einen Stamm mit tragender Funktion durchsägen müssen, was uns wenig ratsam erschien. Kurz entschlossen liess Mario deshalb eine Tür nach Mass anfertigen. Und weil die Zeit drängte, liess er dem guten Schreiner gerade mal drei Tage Zeit, mit der Androhung: „Wenn die bis am Donnerstagabend nicht fertig ist, bezahl ich dich nicht!“. Es klappte und so konnten wir unsere letzte Nacht im kanadischen Busch in einem fertigen Blockhaus mit zwei Fenstern und einer Tür verbringen. (Die restlichen Fenster werden nächstes Jahr eingebaut.)


Vor unserem Abflug am Donnerstag bleiben uns noch zwei Tage in Quebec, die wir zum Verabschieden von all unseren Freunden, Autonummer abgeben, Material verschiffen, … nützen. Alles geht so schnell, dass wir kaum Zeit haben, zu realisieren, dass unser Kanadaabenteuer definitiv zu Ende geht. Der bevorstehenden Heimreise sehen wir mit gemischten Gefühlen entgegen. Wir wissen, dass seit der Geschichte in London die Sicherheitsbestimmungen noch einmal verschärft wurden. Und prompt nehmen sie uns in Quebec schon vor dem Aufgeben des Gepäcks raus. Im grossen Seesack haben sie einen verdächtigen Gegenstand entdeckt. Die nächsten 10 Minuten vergehen mit Ausräumen. In wildem Durcheinander kommen da Ahornsirup, Solarpanel, schmutzige Unterwäsche, Bücher, … zum Vorschein (die Zöllner tragen nicht umsonst Handschuhe). Nur das ominöse Ding bleibt verschwunden. Schlussendlich sehen auch die Zöllner ein, dass wir keine Bombe im Gepäck versteckt haben und lassen uns ziehen. Wir, bzw. Adi, kommen aber nicht weit. Bei der Personenkontrolle wird er aufs Genauste abgetastet, bevor wir einsteigen dürfen. Und so soll es weiter gehen. Bei jedem Umsteigen, pflücken die Zöllner Adi raus, ziehen ihm die Schuhe aus, betasten seine Füsse (die doch schon etwa 24 Stunden in denselben Schuhen stecken …), fotografieren ihn. Adi macht gute Miene zum bösen Spiel; schliesslich wäre es fahrlässig, einen so muskelbepackten Karateka wie er, unkontrolliert passieren zu lassen, meint er ;-) (Ich führe das ganze eher auf Zufall, sein schwarzes Kapuzen-Sweatshirt und allenfalls noch seine Frisur zurück – für Letzteres bin allerdings ich selber verantwortlich.) Nichts desto trotz erreichen wir Zürich planmässig und werden von Taxifahrer Matteo und Adis Eltern mit Plakat, Blumen und Kleinbus empfangen (molto grazie!).


Das Einleben zu Hause fällt uns alles andere als schwer und der Jetlag ist schnell vergessen, bei all den Anrufen, SMS und spontanen Kurzbesuchen. An dieser Stelle ein ganz grosses DANKESCHÖN an euch alle (Familie, Freunde, Kollegen)! Danke, für die vielen lieben e-mails (von denen einige leider noch immer unbeantwortet sind, sorry :-( ), für die gedankliche Unterstützung, die aufmunternden Worte, das Lesen unserer Abenteuer, das Mitfiebern und Mitleiden, die spontanen Telefongespräche und die Besuche aus dem fernen Heimatland! Ein herzliches Dankeschön möchten wir auch ins Bündnerland zur Firma Off-grid systems von Herrn Hassler schicken. Dank ihrem leistungsstarken und absolut reisefreundlichen Solarpanel waren wir während der letzten fünf Monate manchmal zwar etwas energie- nie aber stromlos! Toll auch, dass das eine Problem so unbürokratisch und schnell gelöst werden konnte. (Wer mehr über Solarpanel wissen möchte, dem sei die Seite
info@offgridsystems.ch emfpohlen.) Und last but not least sei hier nochmals Ralph Pfersich erwähnt, ohne dessen Kurs, Buch sowie schriftliche und mündliche Ratschläge nichts aus unserem Projekt geworden wäre!

Es waren eindrückliche, lehrreiche, spannende und erlebnisreiche fünf Monate. Wer weiss, wie es weiter geht. Vielleicht findet sich eine Möglichkeit, hier in der Schweiz in diesem Bereich weiter zu arbeiten. Auf jeden Fall waren wir nicht das letzte Mal in Kanada. Wir werden unserem Blockhäuschen immer wieder mal einen Besuch abstatten und dort einige Ferientage geniessen! Hey, übrigens: Wer mit uns Kontakt aufnehmen möchte, sei es bezüglich Fragen, Bemerkungen, Ideen zum Blockhausbau oder auch ganz allgemein zu unserer Zeit in Kanada, erreicht uns entweder unter blockhuette@hotmail.com oder unter der Telefonnummer 041 534 32 30. Wir freuen uns auf Rückmeldungen jeder Art!

Tuesday, September 05, 2006

Endspurt

... ein Blog für Comicsfreunde (viel Text und noch mehr "Bildli")

Die vergangenen drei Wochen waren einmal mehr so ereignisreich, dass prompt das Schreiben zu kurz kam. Wir fanden nicht einmal die Zeit, unsere Mailbox zu leeren. Und das will wirklich was heissen, denn eure Nachrichten, Aufmunterungen und Grüsse sind uns heilig!
Um es vorweg zu nehmen: Die Firstpfette sitzt perfekt und die Winkel passen auch (was jedoch nicht nur Adi und mir zu verdanken ist). Während wir am ersten Giebel arbeiten, kommt uns nämlich in den Sinn, dass wir gar nicht wissen, wie hoch wir ihn machen müssen. Wir erinnern uns zwar noch schwach, dass uns das Winkelfunktionsrechnen hier weiterhelfen würde, haben aber keinen Schimmer mehr, wie das geht. So entschliessen wir uns halt, Ralph (Blockhausbau-Guru, Kursleiter und Sponsor unserer Kupplungsglocke), um Rat zu fragen. Und tatsächlich erhalten wir einige Tage später ein Mail mit den nötigen Erklärungen. Ganz herzlichen Dank, Ralph, für deine Expressantwort! (Haben andere Kursteilnehmer eigentlich auch Fragen und falls ja, hast du dir schon mal überlegt, eine Sekretärin einzustellen?) Jedenfalls kehren wir zuversichtlich mit der entsprechenden Formel in der Tasche auf den Bauplatz zurück. Unser Optimismus ist jedoch von kurzer Dauer. Es stellt sich nämlich heraus, dass weder unser Taschenrechner noch der Laptop über die Winkelfuntkionstasten verfügen. Mist, die Zeit läuft uns davon, denn in zwei Tagen soll der Bagger die Pfette auflegen. In unserer Not greifen wir zum Telefonjoker und rufen Adis Vater an. Schnell hat er sein gelbes Formelbüchlein (ein Relikt aus den Gymizeiten seiner Söhne …) und den Taschenrechner zur Hand und kaum zehn Minuten später sind wir im Besitz der gewünschten Information: Die Giebelhöhe beträgt 1.89 Meter.
Wir müssen zugeben: Das Anfängerglück „verfolgt“ uns weiter. Zufällig ergänzt sich die Höhe der beiden Massivholzgiebel mit der Stärke der Firstpfette absolut perfekt! Zeit, den Erfolg dieses wichtigen Etappenziels zu feiern, bleibt uns allerdings wenig. Nun gilt es die 22 (!) Sparren vorzubereiten. Eine ganze Menge, die jedoch im Hinblick auf die schneereichen Wintermonate (dieses Jahr betrug die Schneehöhe 4 Meter!) absolut Sinn macht. Wir kommen gerade noch dazu, die aufwändigen vier Giebelsparren zu platzieren, bevor Adis Eltern eintreffen. Sie sind bereits seit einer Woche in Kanada und freuen sich nun offensichtlich, uns auf dem Bauplatz tatkräftig zu unterstützen. Und wir sind natürlich froh um jede Handreichung. Das Befestigen der Sparren geht zu dritt halt schon viel besser und um einiges schneller. Und Adis Mutter hätte statt Krankenschwester problemlos auch Malerin werden können. Gertrud, Melchior: Ganz herzlichen Dank für eure grosse Hilfe; das Brevet 1 im Blockhausbau erhält ihr locker! Doch wie heisst es so schön: Arbeit allein macht nicht glücklich (oder war es Geld?). Jedenfalls nützen wir die gemeinsame Zeit noch für Biberwatching im Kanu, gemütliches Plaudern, spannende Jassrunden und einen eindrücklichen Kurzbesuch bei den Walen. Dort sprechen wir ein weiteres Mal mit Dominique, der sich scheinbar intensiv mit unserem Angebot bezüglich Blockhausbau auseinander gesetzt hat (und weiterhin echtes Interesse bekundet – er hat uns sogar den vorgesehenen Standort gezeigt). We’ll see.
Am Mittwochabend kehrten wir von den Walen zurück und verabschiedeten uns in von Adis Eltern. Es blieben uns noch zwei Tage, um mit Stellbrettern, die wir aus den Schwartenbrettern zusägten, die Öffnungen zwischen den Sparren zu schliessen. Am letzten Samstag war es dann so weit. Zu acht nahmen wir das Dach in Angriff. Das benötigte Material war bestellt und wurde direkt an den Bauplatz geliefert. Trotz einiger kleiner Pannen (bei einer Lieferung ging das Blech vergessen, bei einer andern stimmten die Masse der gelieferten Bretter beziehungsweise die Anzahl nicht) war die Stimmung super und die Arbeit ging zügig voran. Adi und ich profitierten viel, hatten wir doch keine Ahnung, wie man ein Dach deckt. (Wir hätten unsere kleine Hütte wahrscheinlich mit Brettern und Erde gedeckt.) An dieser Stelle ein ganz grosses MERCI an Pierre, den „Hauptorganisator“ des Dachs, der unendlich viel Zeit, Energie und Mühe in unser Projekt investiert hat, an Annie, die immer und überall mit Engelsgeduld und guter Laune Mädchen für alles war und uns bei jeder Gelegenheit mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnte, an Mario, der uns mit seinem Humor, Fachwissen und seiner zwirbligen Arbeitskraft (trotz Dyskushernie!) zur Seite stand, an Sylvain und Johanne, die uns in ihrem Chalet Asyl gewährten und einen grossen Teil der Zusatzkosten übernahmen, an Martine (Pierre’s Frau), die auf Ferien mit Pierre verzichtete und uns statt dessen hier im Niemandsland verköstigte, an Denis, der mit seinem Traktor und seinem Anhänger immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, an Rodrigez und Mariette (den Eltern von Annie und Sylvain), die uns mit vielen lieben Worten unterstützten und an alle anderen, die wir hier nicht namentlich erwähnen, die uns in irgend einer Weise geholfen haben! Nur dank ihrer Hilfe, ist unser Blockhaus zu dem geworden, was es ist! Das Resultat lässt sich wirklich sehen und wir sind stolz auf unser Erstlingswerk! Inzwischen kann sich Adi ein Leben ohne Motorsäge nur noch schwerlich vorstellen und träumt bereits von Aufträgen in der Schweiz. Eines Morgens war Adichef sogar so in seine Planerei vertieft, dass er erst nach einer halben Tasse bemerkte, dass der vermeintliche Instantkaffee nur heisses Wasser war …! (Zu seiner Rechtfertigung muss angemerkt werden, dass die Tasse dunkelbraun war.)


Zweieinhalb Wochen bleiben uns noch bis zu unserer Rückkehr in die Schweiz. Wir können das Ganze nun zwar etwas gemütlicher angehen, doch es gibt schon noch das eine oder andere zu erledigen. So müssen wir noch den Zwischenboden, der die hintere Hälfte des Häuschens einnimmt, machen, die Fenster- und Türöffnungen schneiden, die beiden Mauervorsprünge auf der Hausvorderseite sägen und diverse kleinere Arbeiten und Ausbesserungen vornehmen. Und – last but not least – werden wir am nächsten Samstag ein grosses Aufrichtefest mit all unseren Freunden à la Asterix und Obelix, d.h. bei Spanferkel, Wein und Bier feiern.