Tuesday, September 26, 2006

Home again

Es ist soweit: die Schweiz hat uns wieder! Seit gut drei Tagen können wir uns wieder nach Lust und Laune auf Lozärndütsch unterhalten, in unserem eigenen Bett schlafen, am Morgen in knuspriges Brot beissen und mit unserem gemütlichen alten Opel Astra durch die Gegend kurven. Ich überlasse Adi das Vergnügen der ersten Fahrt und beschränke mich aufs Öffnen des Garagetors. Doch irgendwie scheint das Auto nicht mehr an seinen „Herr und Meister“ gewöhnt zu sein und bockt beim Anlassen gewaltig. Mit jedem Versuch hüpft die Blechkutsche näher an die Vorderwand der Garage. Als die Stossstange nur noch Millimeter davon entfernt ist, gibt Adi entmutigt auf. Ich meinerseits habe seit der Tankstellengeschichte noch eine Rechnung offen und möchte mein Image etwas aufpolieren. Ich wage also noch einen letzten Versuch, das Auto zu starten. Und siehe da, problemlos wie eh und je, springt es an und lässt sich gehorsam aus der Garage lenken. Adi steht ungläubig staunend und leicht verwirrt daneben, schliesslich sitzt da eine Frau am Steuer. Tja, liebster Adi, was beim Tumbler der Startknopf, das ist beim handgeschalteten Auto halt die Kupplung ;-)!

Aber zurück zu unseren letzten drei Wochen in Kanada: Das Aufrichtefest war sozusagen der Startschuss zu einem fulminanten Endspurt. Nebst vielen kleineren (doch leider oft auch zeitintensiven) Arbeiten standen noch das Einsetzen der Fenster und Türe an. Es gab zwei Gründe, weshalb wir damit so spät dran waren. Einerseits wurde unsere Blockhütte oder eben unser Blockhaus auf Wunsch von Johanne und Sylvain höher und aufwändiger als ursprünglich geplant. Das hatte auch zur Folge, dass wir Mitte Juli nochmals ein Dutzend Bäume schlagen mussten. Andererseits taten sich die beiden sehr schwer mit dem Organisieren von Fenstern. Sie konnten nicht nachvollziehen, wie wichtig es vor allem für Adi war, das Projekt zu beenden, d.h. ein Häuschen mit Dach, Fenstern und Türe zurück zu lassen. Als sie dann aus den dreiwöchigen Ferien in Frankreich zurückkamen, ohne die versprochenen Fenster bestellt zu haben (drei bis fünf Wochen Lieferfrist sind in Kanada gang und gäbe), riss uns der Geduldsfaden. Wir waren ganz nah dran, unser Material vorzeitig zusammen zu räumen, um statt Ärger noch drei schöne Ferienwochen zu haben. Dank Annie und Mario kam es nicht dazu. Kurz entschlossen bestellten sie zwei Fenster und eine Tür. MERCI BEAUCOUP! Wir blieben also, deckten das Dach und feierten ein Aufrichtefest, das selbst die Gallier vor Neid hätte erblassen lassen. In dieser Zeit besuchten uns auch noch meine Eltern, die ihre diesjährige Pensionierung mit einer siebenwöchigen Kanadareise „einläuteten“. Für sie war erst Halbzeit und nach drei Wochen im Wohnmobil durch Westkanada, genossen sie die drei ruhigen Tage bei uns ganz offensichtlich. Danke, dass ihr den Weg zu uns „raus“ gefunden habt! Auch wir genossen die Zeit mit euch sehr!


Und so ergaben sich halt gegen Schluss doch noch einige hektische Minuten, damit alles was anstand noch erledigt werden konnte. Das Einsetzen der Fenster gestaltete sich als weniger schwierig als erwartet, nur bei der Tür standen wir nochmals vor einem kleinen Problem: sie war zu hoch. Wir hätten einen Stamm mit tragender Funktion durchsägen müssen, was uns wenig ratsam erschien. Kurz entschlossen liess Mario deshalb eine Tür nach Mass anfertigen. Und weil die Zeit drängte, liess er dem guten Schreiner gerade mal drei Tage Zeit, mit der Androhung: „Wenn die bis am Donnerstagabend nicht fertig ist, bezahl ich dich nicht!“. Es klappte und so konnten wir unsere letzte Nacht im kanadischen Busch in einem fertigen Blockhaus mit zwei Fenstern und einer Tür verbringen. (Die restlichen Fenster werden nächstes Jahr eingebaut.)


Vor unserem Abflug am Donnerstag bleiben uns noch zwei Tage in Quebec, die wir zum Verabschieden von all unseren Freunden, Autonummer abgeben, Material verschiffen, … nützen. Alles geht so schnell, dass wir kaum Zeit haben, zu realisieren, dass unser Kanadaabenteuer definitiv zu Ende geht. Der bevorstehenden Heimreise sehen wir mit gemischten Gefühlen entgegen. Wir wissen, dass seit der Geschichte in London die Sicherheitsbestimmungen noch einmal verschärft wurden. Und prompt nehmen sie uns in Quebec schon vor dem Aufgeben des Gepäcks raus. Im grossen Seesack haben sie einen verdächtigen Gegenstand entdeckt. Die nächsten 10 Minuten vergehen mit Ausräumen. In wildem Durcheinander kommen da Ahornsirup, Solarpanel, schmutzige Unterwäsche, Bücher, … zum Vorschein (die Zöllner tragen nicht umsonst Handschuhe). Nur das ominöse Ding bleibt verschwunden. Schlussendlich sehen auch die Zöllner ein, dass wir keine Bombe im Gepäck versteckt haben und lassen uns ziehen. Wir, bzw. Adi, kommen aber nicht weit. Bei der Personenkontrolle wird er aufs Genauste abgetastet, bevor wir einsteigen dürfen. Und so soll es weiter gehen. Bei jedem Umsteigen, pflücken die Zöllner Adi raus, ziehen ihm die Schuhe aus, betasten seine Füsse (die doch schon etwa 24 Stunden in denselben Schuhen stecken …), fotografieren ihn. Adi macht gute Miene zum bösen Spiel; schliesslich wäre es fahrlässig, einen so muskelbepackten Karateka wie er, unkontrolliert passieren zu lassen, meint er ;-) (Ich führe das ganze eher auf Zufall, sein schwarzes Kapuzen-Sweatshirt und allenfalls noch seine Frisur zurück – für Letzteres bin allerdings ich selber verantwortlich.) Nichts desto trotz erreichen wir Zürich planmässig und werden von Taxifahrer Matteo und Adis Eltern mit Plakat, Blumen und Kleinbus empfangen (molto grazie!).


Das Einleben zu Hause fällt uns alles andere als schwer und der Jetlag ist schnell vergessen, bei all den Anrufen, SMS und spontanen Kurzbesuchen. An dieser Stelle ein ganz grosses DANKESCHÖN an euch alle (Familie, Freunde, Kollegen)! Danke, für die vielen lieben e-mails (von denen einige leider noch immer unbeantwortet sind, sorry :-( ), für die gedankliche Unterstützung, die aufmunternden Worte, das Lesen unserer Abenteuer, das Mitfiebern und Mitleiden, die spontanen Telefongespräche und die Besuche aus dem fernen Heimatland! Ein herzliches Dankeschön möchten wir auch ins Bündnerland zur Firma Off-grid systems von Herrn Hassler schicken. Dank ihrem leistungsstarken und absolut reisefreundlichen Solarpanel waren wir während der letzten fünf Monate manchmal zwar etwas energie- nie aber stromlos! Toll auch, dass das eine Problem so unbürokratisch und schnell gelöst werden konnte. (Wer mehr über Solarpanel wissen möchte, dem sei die Seite
info@offgridsystems.ch emfpohlen.) Und last but not least sei hier nochmals Ralph Pfersich erwähnt, ohne dessen Kurs, Buch sowie schriftliche und mündliche Ratschläge nichts aus unserem Projekt geworden wäre!

Es waren eindrückliche, lehrreiche, spannende und erlebnisreiche fünf Monate. Wer weiss, wie es weiter geht. Vielleicht findet sich eine Möglichkeit, hier in der Schweiz in diesem Bereich weiter zu arbeiten. Auf jeden Fall waren wir nicht das letzte Mal in Kanada. Wir werden unserem Blockhäuschen immer wieder mal einen Besuch abstatten und dort einige Ferientage geniessen! Hey, übrigens: Wer mit uns Kontakt aufnehmen möchte, sei es bezüglich Fragen, Bemerkungen, Ideen zum Blockhausbau oder auch ganz allgemein zu unserer Zeit in Kanada, erreicht uns entweder unter blockhuette@hotmail.com oder unter der Telefonnummer 041 534 32 30. Wir freuen uns auf Rückmeldungen jeder Art!

Tuesday, September 05, 2006

Endspurt

... ein Blog für Comicsfreunde (viel Text und noch mehr "Bildli")

Die vergangenen drei Wochen waren einmal mehr so ereignisreich, dass prompt das Schreiben zu kurz kam. Wir fanden nicht einmal die Zeit, unsere Mailbox zu leeren. Und das will wirklich was heissen, denn eure Nachrichten, Aufmunterungen und Grüsse sind uns heilig!
Um es vorweg zu nehmen: Die Firstpfette sitzt perfekt und die Winkel passen auch (was jedoch nicht nur Adi und mir zu verdanken ist). Während wir am ersten Giebel arbeiten, kommt uns nämlich in den Sinn, dass wir gar nicht wissen, wie hoch wir ihn machen müssen. Wir erinnern uns zwar noch schwach, dass uns das Winkelfunktionsrechnen hier weiterhelfen würde, haben aber keinen Schimmer mehr, wie das geht. So entschliessen wir uns halt, Ralph (Blockhausbau-Guru, Kursleiter und Sponsor unserer Kupplungsglocke), um Rat zu fragen. Und tatsächlich erhalten wir einige Tage später ein Mail mit den nötigen Erklärungen. Ganz herzlichen Dank, Ralph, für deine Expressantwort! (Haben andere Kursteilnehmer eigentlich auch Fragen und falls ja, hast du dir schon mal überlegt, eine Sekretärin einzustellen?) Jedenfalls kehren wir zuversichtlich mit der entsprechenden Formel in der Tasche auf den Bauplatz zurück. Unser Optimismus ist jedoch von kurzer Dauer. Es stellt sich nämlich heraus, dass weder unser Taschenrechner noch der Laptop über die Winkelfuntkionstasten verfügen. Mist, die Zeit läuft uns davon, denn in zwei Tagen soll der Bagger die Pfette auflegen. In unserer Not greifen wir zum Telefonjoker und rufen Adis Vater an. Schnell hat er sein gelbes Formelbüchlein (ein Relikt aus den Gymizeiten seiner Söhne …) und den Taschenrechner zur Hand und kaum zehn Minuten später sind wir im Besitz der gewünschten Information: Die Giebelhöhe beträgt 1.89 Meter.
Wir müssen zugeben: Das Anfängerglück „verfolgt“ uns weiter. Zufällig ergänzt sich die Höhe der beiden Massivholzgiebel mit der Stärke der Firstpfette absolut perfekt! Zeit, den Erfolg dieses wichtigen Etappenziels zu feiern, bleibt uns allerdings wenig. Nun gilt es die 22 (!) Sparren vorzubereiten. Eine ganze Menge, die jedoch im Hinblick auf die schneereichen Wintermonate (dieses Jahr betrug die Schneehöhe 4 Meter!) absolut Sinn macht. Wir kommen gerade noch dazu, die aufwändigen vier Giebelsparren zu platzieren, bevor Adis Eltern eintreffen. Sie sind bereits seit einer Woche in Kanada und freuen sich nun offensichtlich, uns auf dem Bauplatz tatkräftig zu unterstützen. Und wir sind natürlich froh um jede Handreichung. Das Befestigen der Sparren geht zu dritt halt schon viel besser und um einiges schneller. Und Adis Mutter hätte statt Krankenschwester problemlos auch Malerin werden können. Gertrud, Melchior: Ganz herzlichen Dank für eure grosse Hilfe; das Brevet 1 im Blockhausbau erhält ihr locker! Doch wie heisst es so schön: Arbeit allein macht nicht glücklich (oder war es Geld?). Jedenfalls nützen wir die gemeinsame Zeit noch für Biberwatching im Kanu, gemütliches Plaudern, spannende Jassrunden und einen eindrücklichen Kurzbesuch bei den Walen. Dort sprechen wir ein weiteres Mal mit Dominique, der sich scheinbar intensiv mit unserem Angebot bezüglich Blockhausbau auseinander gesetzt hat (und weiterhin echtes Interesse bekundet – er hat uns sogar den vorgesehenen Standort gezeigt). We’ll see.
Am Mittwochabend kehrten wir von den Walen zurück und verabschiedeten uns in von Adis Eltern. Es blieben uns noch zwei Tage, um mit Stellbrettern, die wir aus den Schwartenbrettern zusägten, die Öffnungen zwischen den Sparren zu schliessen. Am letzten Samstag war es dann so weit. Zu acht nahmen wir das Dach in Angriff. Das benötigte Material war bestellt und wurde direkt an den Bauplatz geliefert. Trotz einiger kleiner Pannen (bei einer Lieferung ging das Blech vergessen, bei einer andern stimmten die Masse der gelieferten Bretter beziehungsweise die Anzahl nicht) war die Stimmung super und die Arbeit ging zügig voran. Adi und ich profitierten viel, hatten wir doch keine Ahnung, wie man ein Dach deckt. (Wir hätten unsere kleine Hütte wahrscheinlich mit Brettern und Erde gedeckt.) An dieser Stelle ein ganz grosses MERCI an Pierre, den „Hauptorganisator“ des Dachs, der unendlich viel Zeit, Energie und Mühe in unser Projekt investiert hat, an Annie, die immer und überall mit Engelsgeduld und guter Laune Mädchen für alles war und uns bei jeder Gelegenheit mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnte, an Mario, der uns mit seinem Humor, Fachwissen und seiner zwirbligen Arbeitskraft (trotz Dyskushernie!) zur Seite stand, an Sylvain und Johanne, die uns in ihrem Chalet Asyl gewährten und einen grossen Teil der Zusatzkosten übernahmen, an Martine (Pierre’s Frau), die auf Ferien mit Pierre verzichtete und uns statt dessen hier im Niemandsland verköstigte, an Denis, der mit seinem Traktor und seinem Anhänger immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, an Rodrigez und Mariette (den Eltern von Annie und Sylvain), die uns mit vielen lieben Worten unterstützten und an alle anderen, die wir hier nicht namentlich erwähnen, die uns in irgend einer Weise geholfen haben! Nur dank ihrer Hilfe, ist unser Blockhaus zu dem geworden, was es ist! Das Resultat lässt sich wirklich sehen und wir sind stolz auf unser Erstlingswerk! Inzwischen kann sich Adi ein Leben ohne Motorsäge nur noch schwerlich vorstellen und träumt bereits von Aufträgen in der Schweiz. Eines Morgens war Adichef sogar so in seine Planerei vertieft, dass er erst nach einer halben Tasse bemerkte, dass der vermeintliche Instantkaffee nur heisses Wasser war …! (Zu seiner Rechtfertigung muss angemerkt werden, dass die Tasse dunkelbraun war.)


Zweieinhalb Wochen bleiben uns noch bis zu unserer Rückkehr in die Schweiz. Wir können das Ganze nun zwar etwas gemütlicher angehen, doch es gibt schon noch das eine oder andere zu erledigen. So müssen wir noch den Zwischenboden, der die hintere Hälfte des Häuschens einnimmt, machen, die Fenster- und Türöffnungen schneiden, die beiden Mauervorsprünge auf der Hausvorderseite sägen und diverse kleinere Arbeiten und Ausbesserungen vornehmen. Und – last but not least – werden wir am nächsten Samstag ein grosses Aufrichtefest mit all unseren Freunden à la Asterix und Obelix, d.h. bei Spanferkel, Wein und Bier feiern.


Tuesday, August 15, 2006

Stichwort „Freizeit“ oder: Gibt es ein Leben nach dem Sägen?

Um es vorweg zu nehmen: Inzwischen ist mir klar geworden, dass ich hier draussen Wörter wie Ferien, Freizeit und Ausschlafen aus meinem Repertoire streichen kann. Das heisst konkret, wenn ich aus diesem Urlaub nach Hause komme, habe ich wahrscheinlich erst mal Ferien nötig ;-).
Unsere Bauarbeiten und damit unser Tagesablauf sind stark von Petrus abhängig. Einerseits lässt es sich auf nassem Holz schlecht einzeichnen und andererseits wird die Arbeit auf feuchten Stämmen mit zunehmender Höhe immer gefährlicher. Zudem haben wir kein Gerüst sondern nur zwei, drei verschieden hohe Leitern (gewisse Aktionen sind daher nicht immer ganz SUVA-konform). Dafür mausert sich Adi langsam aber sicher zum Artisten. Mit unglaublichem Selbstvertrauen balanciert er in rund drei Metern Höhe über die schmalen Stämme und hat sich schon aus der einen oder anderen heiklen Situation bravourös gerettet. Ich werde den Verdacht nicht los, dass er bei mir Eindruck schinden will, nimmt er doch manchmal sogar Umwege in Kauf, nur um oben „rumturnen“ zu können (gut, vielleicht sind es auch die Gene, was auch Adis Vorliebe für Bananen erklären würde….?!).
Seit rund zwei Monaten ist das Wetter mehrheitlich trocken. Zudem hat es keine Mücken und Blackflies mehr und im Moment bewegen sich auch die Temperaturen wieder in angenehmeren Bereichen. Diese optimalen Bedingungen nützen wir so gut wie möglich aus, was teilweise halt zu Zwölfstunden-Arbeitstagen führt. An solchen Tagen sind wir manchmal sogar fast zu müde, um vor dem Schlafen gehen noch etwas zu essen (Gott sei dank nur „fast“!). Ich glaube, es ist verständlich, dass ich mich manchmal richtig nach Regen sehne und hoffnungsvoll den Himmel nach dunklen Wolken absuche. Wie schön wäre es doch, sich wieder einmal einen ganzen Tag mit einem spannenden Krimi irgendwo zu verkriechen und nicht eher aufzuhören, als bis das letzte Wort gelesen ist. Inzwischen haben nämlich auch die fünf Bücher meiner Mutter den Weg hierhin gefunden (Danke!) und schreien förmlich danach, verschlungen zu werden. (Meine Ansprüche sind sogar schon so weit gesunken, dass ich nicht einmal verlange, das an einem schönen, warmen Tag im Liegestuhl zu tun.)
Doch wenn es dann tatsächlich einmal regnet, gibt es meistens noch so Vieles zu erledigen: Aufräumen, einen Besen in die Hand nehmen, Haare und Kleider waschen, Blog schreiben, den Bart stutzen, … . Apropos Bart: Mit Adis Frisur ist das so eine Sache; eigentlich sind ja die langhaarigen Rocker sein grosses Vorbild, aber da das mit der Haarmenge irgendwie nicht so ganz klappt, gilt das Motto „je kürzer umso besser“. Deswegen hat er aus der Schweiz seinen elektrischen Akku-Haarschneider mitgenommen. Zu seinem Leidwesen kann man den hier aber nicht aufladen, da die Netzspannung zu gering ist. Weil Adi aber seine Haarpracht definitiv nicht – wie er sagt - „offen“ tragen will, hat er sich für sage und schreibe läppische 2 Dollar ein batteriebetriebenes Haarschneideset ergattert. Ich weiss nicht, ob er wirklich damit gerechnet hat, dass dieses Ding funktioniert. Auf jeden Fall hat das vermeintliche Schnäppchen mehr gerupft als geschnitten und wurde umgehend und mit einem Ausruf, den ich hier nicht wiedergeben möchte, entsorgt. Gott sei Dank haben sich Nico und Denise seiner erbarmt und ihm einen nigelnagelneuen Langhaarschneider ;-) mitgebracht.
Was hier in Kanada auch fehlt, ist Perwoll oder sonst irgendein Wundermittel, mit dem die Wäsche wieder blendend weiss beziehungsweise bakterienfrei sauber wird. Zwar riechen die Kleider nach der Handwäsche wieder besser, doch von fleckenfreier Sauberkeit und kuscheliger Weichheit kann keine Rede sein. Liebend gern packten wir deshalb die Gelegenheit beim Schopf, als wir vor fast einem Monat mit Nico und Denise auf einem Zeltplatz Waschmaschine und Tumbler vorfanden. Gewaschen ist schnell, doch zum Aufhängen haben wir erstens kaum Platz und zweitens ist die Sonne bereits untergegangen, so dass wir uns für den Tumbler entscheiden. Nach einem Durchgang ist die Wäsche noch immer so feucht, dass ich einen weiteren Dollar einwerfe, das Programm eine Stufe wärmer einstelle und hoffe, dass nach Runde zwei wenigstens Level „schranktrocken“ erreicht ist. Eine Stunde später steuern Adi und ich erneut die Waschküche an. Doch welch eine Enttäuschung! Noch immer sind die Kleider so feucht, dass es keinen Sinn machen würde, sie so mitzunehmen. Offenbar ist der Tumbler kaputt und ich erwäge kurz, den Campingverantwortlichen Meldung zu erstatten. Doch da es nebenan eine zweite freie Maschine hat, überwiegt die Bequemlichkeit und wir versuchen es damit. Wäsche umbeigen, Dollar einwerfen, Programm wählen. Ich bin schon halb zur Waschküche raus, als Adi mich fragt: „Hast du den Startknopf gedrückt?“. Startknopf??? Tja, wie so oft war auch das eine Maschine, die nicht funktioniert, wenn man nicht auf Start drückt. Adi kann sich kaum erholen, wird sich das mit der Heirat wohl nochmals gut überlegen und hat für meine Erklärung, dass ich zu Hause meine Wäsche immer aufhänge und nie tumblere, nur ein mitleidiges Lächeln übrig. (Wenigstens ersparte ich mir die Peinlichkeit einer Defektmeldung!) Nach dem ersten Lachanfall versichert mir Adi zwar, dass ihm wichtiger ist, dass eine Frau mit einer Motorsäge als mit einem Tumbler umgehen kann, trotzdem weiss ich, dass ich diese Geschichte noch einige Male zu hören bekomme.
Wie übrigens auch die Tankstory, die sich ganz zu Beginn unseres Kanadaaufenthalts abspielte: Ich fahre, Tank fast leer, Tankstelle ansteuern. Dort hat es wie üblich freistehende Säulen. Ich vermute, dass der Tank beim Jeep rechts ist, fahre somit links ran und lasse Adi aussteigen. Doch Pech gehabt; durch Zeichen gibt mir der Tankwart zu verstehen, dass dem nicht so ist. Blitzschnell analysiere ich die Situation und suche nach einer eleganten Lösung, das Auto möglichst unkompliziert in die richtige Position zu bringen. Da es genügend freien Platz vor mir hat, vollführe ich schnell und gekonnt einen Halbkreis und fahre kurz darauf in Gegenrichtung auf der anderen Seite der Tanksäule vor. Lächelnd über das gelungene Manöver will ich aussteigen, als ich das ungläubige Kopfschütteln des Tankwarts registriere. Leicht verunsichert frage ich mich, ob es auf dieser Seite wohl kein Bleifrei gibt. In dem Moment fällt der Groschen und ich lese auf den Gesichtern der beiden Männer, was sie über Frauen am Steuer denken … .
Und zum Schluss noch etwas über den aktuellen Baustand: Das Ausarbeiten der Massivholzgiebel ging erstaunlich schnell und schmerzlos über die Bühne. Einfachheitshalber arbeiteten wir den Giebel am Boden aus und mussten die ausgearbeiteten Stämme nachher nur noch wie Legosteine aufeinander legen. Um das Ganze zu stabilisieren, bohrten wir jeweils mit einem 2,5 cm breiten Bohrer zwei bis drei 30 cm tiefe Löcher in jeden Stamm. So konnten wir anschliessend immer zwei aufeinander liegende Stämme mit knapp 30 cm langen Rundholzstäben verbinden. Das gibt dem Giebelaufbau etwas Stabilität und sorgt mit den zusätzlich verschraubten Latten dafür, dass die ganze Herrlichkeit nicht schon beim ersten Windstoss zusammenbricht. Gestern ist der zweite Giebel fertig geworden, wobei man deutlich sieht, dass er noch nicht gestrichen ist. Heute kurz vor Mittag war es dann so weit: Mit Hilfe der Maschine platzierten wir die Firstpfette. Adi und ich haben Giebel und Pfette soweit vorbereitet, dass der ganze Spuk (anhängen, hochheben, platzieren, einzeichnen und runter nehmen) kaum 10 Minuten gedauert hat. Bis hierhin lief tatsächlich alles wie am Schnürchen, doch die Stunde der Wahrheit kommt heute Abend oder morgen, wenn wir die Pfette definitiv an Ort und Stelle bringen werden.

Tuesday, August 01, 2006

Von der Blockhütte zum Blockhaus

Nein, dies ist kein Gefängnis und ja, wir wissen, dass zu einem Haus auch Fenster gehören! Aber irgendwie beeindrucken uns diese massiven Holzwände auch ohne Fenster (oder vielleicht gerade deswegen) jeden Morgen wieder von neuem. Langsam aber sicher nimmt unser Projekt Formen an; was auch gut ist, wenn man bedenkt, dass wir in zwei Monaten schon wieder in der Schweiz sein werden. Ohne die Hilfe von Nico und Denise wären wir allerdings noch nicht so weit. Nach unseren gemeinsamen Ferien haben wir vier Tage lang Vollgas gegeben und sind tatsächlich mit den Wänden fertig geworden. Denise zeigte unermüdlichen Einsatz im Waschen der Stämme (mit Javelwasser), einer sehr eintönigen und strengen Arbeit, vor der sich Adi übrigens immer wieder erfolgreich drückt, mit dem Hinweis, das sei Frauenarbeit … (nur gut, haben wir vor der Kirche erst geübt!) Und Nico bekam gar nicht genug von der Arbeit mit der Motorsäge. Er war jeweils der Erste, der morgens zum Aufbruch drängte und der Letzte, der Abends zum Feierabendbier übergehen wollte. Kurz und gut, es waren zwei tolle und erlebnisreiche Wochen, die wir mit unseren Freunden erleben durften. Ganz herzlichen Dank nochmals für euren Besuch und die Mithilfe auf dem Bauplatz!

Heute sind Sylvain und Johanne mit den beiden Kids nach Südfrankreich abgeflogen, wo sie drei Wochen Ferien machen werden. Das hat uns die Ehre verschafft, einen Monat lang die Gesellschaft von Dalì geniessen zu dürfen. Dalì ist der bald achtjährige Hund unserer kanadischen Freunde. Er ist unendlich gutmütig und anhänglich, jedoch auch sehr faul. Seine Lieblingsbeschäftigungen sind herumliegen und Auto fahren. Diese Woche haben wir ihn deshalb einmal mit nach Baie-Saint-Paul genommen. Auf dem Rückweg bin ich dann etwa 2 km vor dem Chalet ausgestiegen, um mit Dalì zurück zu laufen. So sollte er zumindest noch ein bisschen Bewegung bekommen und die Gelegenheit erhalten, unterwegs sein Geschäft zu erledigen. Am ersten Hütetag haben wir das nämlich verpasst und unsere Nachlässigkeit am nächsten Morgen prompt gebüsst. Hundesch… aufputzen ist nicht gerade das, was wir uns unter sanfter Einstimmung in den neuen Tag vorstellen. Adi hat sich dann gütigerweise der Sache angenommen (dafür muss er schliesslich keine Stämme waschen ;-)). Langer Rede kurzer Sinn, der Hund dachte nicht im Traum daran, mit mir gemütlich heim zu laufen, sondern rannte wie eine Furie hinter seinem geliebten Auto her, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass er irgendwo aufspringen kann. Daraus wurde zwar nichts, doch Dalì erwies sich als harter Hund im wörtlichen Sinn, denn er kam nur gerade zwei Minuten nach Adi beim Chalet an. Wir staunten wirklich nicht schlecht über diese grandiose Leistung, die wir ihm ehrlich gesagt nie und nimmer zugetraut hätten. Doch das arme Tier hatte sich offensichtlich bös übernommen. Er hechelte sich fast die Lunge aus dem Leib und konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten. Als sich Dalìs Zustand auch nach drei Stunden noch nicht wesentlich verbessert hatte, griff Adi zur Homöopathie und verabreichte ihm eine Gabe Arnika. Das wirkte Wunder und am nächsten Morgen war unser Vierbeiner wieder der Alte.

Dass unsere Gastgeber im Ausland weilen heisst nicht etwa, dass das rege Kommen und Gehen hier draussen nachlassen würde. Vielleicht ist sogar das Gegenteil der Fall, denn nächste Woche wird hier mit gröberem Geschütz aufgefahren. Mit schweren Maschinen soll nämlich der Damm „unseres“ Sees, der ja im Frühling 06 gebrochen ist, wieder repariert werden. Das hat zwei sehr positive Seiten. Einerseits kommen wir so noch in den Genuss eines kleinen Sees vor unserer Blockhütte und andererseits können wir eventuell die Firstpfette mit Hilfe eines dieser Ungetüme platzieren. Dieser Stamm ist der Höchste, aber auch der Grösste und Schwerste, den wir verbauen. Da unsere Skyline nicht genau mittig über der Hütte verläuft, schätzen wir es als unrealistisch ein, diesen Stamm zu zweit (oder auch zu dritt) und ohne maschinelle Hilfe einzupassen. (Auf dem Bild nebenan "kämpft" Adi mit der Fusspfette.)


Und damit sind wir bei dem Punkt, den ich schon im Titel angesprochen habe. Unsere Blockhütte entwickelt sich immer mehr zum Blockhaus. Zwar sind die Grundmasse mit 5.40 m auf 6.40 m Innenraum in etwa so, wie Adi das schon letztes Jahr geplant, aufgezeichnet und Johanne gemailt hat. Doch von Höhe, Bauweise und Aufwand her, hat sich das Ganze in eine Richtung verschoben, die Adi und ich so gar nicht geplant hatten. Grundgedanke war, eine einfache Jagdhütte (etwa so, wie auf dem Foto, nur etwas grösser) ohne irgendwelchen Komfort zu bauen. In den vergangenen Wochen ist jedoch immer klarer geworden, dass Johanne und Sylvain daraus ein kleines Gästehaus mit Toilette, Küche und evtl. sogar Dusche machen möchten. Das bedeutet unter anderem, dass die Wände mit Glaswolle isoliert werden, dass ein Parkett auf den doppelten Boden gelegt und neue Fenster im Wert von je rund 800 Can. Dollars eingebaut werden sollen; die Hütte oder eben das Blockhaus wird höher als ursprünglich geplant und bekommt einen topmodernen Dachaufbau mit Täfer für die Innenansicht, Dampfsperre, Isolation und was sonst noch alles dazu gehört. Dazu kommt der nicht gerade billige Innen- und Aussenanstrich, um das Holz vor Nässe, Pilz und Käfern zu schützen. Schön, dass Sylvain ganz selbstverständlich sämtliche Kosten für ihre Zusatzwünsche übernimmt. Adi und ich sind oft etwas hin- und hergerissen. Einerseits finden wir es toll, dass unser Bauwerk nachher auch wirklich noch gebraucht bzw. bewohnt werden soll. Andererseits mutet es uns schon etwas komisch an, uns in dem schlichten und nicht allzu grossen Wohnraum noch Dusche, WC, Sofa u.ä. vorzustellen. Wie dem auch sei, wir haben nach wie vor Spass an unserem Projekt und sind gespannt, was am Schluss daraus wird!


Thursday, July 20, 2006

Konstruktionsferien und ein erstes Angebot

Aus Zeitgründen seht ihr hier nochmals den neusten Seetalerbericht abgedruckt. Einige wichtige Ergänzungen möchten wir euch jedoch nicht vorenthalten. Ihr findet sie am Schluss.
Vor zwei Wochen haben wir ganz spontan die Nachricht erhalten, dass uns ein befreundetes Pärchen aus der Schweiz besuchen kommt. Nun sind sie hier und wir haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt und eine gemeinsame Ferienwoche eingeschaltet. Das trifft sich gut, denn zur Zeit sind hier in Quebec so genannte Konstruktionsferien und alle Handwerker müssen eine zweiwöchige „Zwangspause“ einlegen. Während unserem Trip haben wir festgestellt, dass Ostkanada nebst Bäumen noch unheimlich viel mehr zu bieten hat. Bei Traumwetter erküren wir jeden neuen Tag zum Schönsten unserer bisherigen Reise. Ein Highlight jagt das nächste (Zoobesuch, Velotour mit Übernachtung am Sandstrand im Nationalpark, Walbeobachtung im Seekajak, …). Das Letztgenannte entpuppt sich als unbestrittenen Höhepunkt! Den entsprechenden Tipp haben wir von Mario, einem Verwandten unserer kanadischen Freunde erhalten. Der empfohlene Campingplatz liegt einmalig schön auf sanft gegen den St-Lorenz-Strom abfallenden Felsen. Von dort aus kann man stundenlang die vorbeiziehenden Wale beobachten. Wir sind schon etwas enttäuscht, als bei unserer Ankunft nur noch die hintersten Zeltplätze (ohne Sicht aufs Wasser) frei sind. Da kommt der Chef ins Büro und wir richten ihm auf gut Glück einen Gruss von Mario aus. Und siehe da, fünf Minuten später stellen wir unsere Zelte auf einem der vordersten (für Dauerermieter reservierten) Plätze auf und spüren - nicht ohne Genugtuung - manch neidischen Blick im Rücken. Tja, manchmal ist Vitamin B halt schon ganz nützlich! Das Wetter, die Stimmung und die Wale sind so toll, dass wir kurz entschlossen noch einen weiteren Tag anhängen. Tief beeindruckt von diesen imposanten Meeressäugern beschliessen Adi und ich, im August (der besten Jahreszeit für Walbeobachtungen) nochmals hierher zu kommen. Das sagen wir auch Dominique, dem Chef des Campings, beim Verabschieden. Er reagiert erstaunt, dass wir dann noch immer in der Gegend sein werden. Als wir ihm darauf hin von unserem Blockhüttenprojekt erzählen, weiss Dominique nicht so recht, ob wir ihn auf den Arm nehmen. Erst als wir ihm einige Fotos zeigen, verwandelt sich seine Skepsis in Interesse. Und da er selber seit längerem mit dem Gedanken spielt, auf seinem Campingplatz zwei, drei Blockhäuschen aufzustellen, vereinbaren wir, dass wir uns in drei Wochen nochmals treffen werden, um über einen allfälligen Bau im nächsten Sommer zu verhandeln. Mit der Aussicht auf einen neuen Auftrag kehren wir erholt, um unzählige unvergessliche Eindrücke reicher und mit neuem Tatendrang zu unserem Bauplatz zurück.


Und hier noch die versprochenen Ergänzungen, die nicht für aller Ohren bestimmt sind:

Wir haben ge…



…übt! Nico und Adi können’s kaum erwarten unter die Haube zu kommen und wollen bei jeder Kirche, an der wir vorbei fahren, einen Halt einlegen. Einmal haben wir ihnen die Freude gemacht und hoffen, dass wir nun für die nächsten 10 Jahre wieder Ruhe haben … ;-)

Diese Woche helfen Denise und Nico noch tatkräftig bei den letzten Runden mit. Es fehlen uns noch 2 – 3 Runden und hoffen, dass wir diese bis zu ihrer Abreise am Montag geschafft haben. In dieser Höhe arbeitet es sich zu viert halt schon einfacher als zu zweit.

Tuesday, July 11, 2006

Halbzeit

Wie gern hätten wir an dieser Stelle ein Bild vom aktuellen Baustand platziert. Doch da der Akku des Solarpanels leider noch immer auf sich warten lässt (wie übrigens auch die Bücher, die meine Mutter vor 2 Monaten abgeschickt hat), können wir keine neuen Bilder vom Fotoapparat runterladen. Glücklicherweise haben wir noch zwei, drei ältere auf Lager, die wir euch zeigen können. Was die Fortschritte unserer Blockhütte anbelangt, zählen wir nun halt voll auf eure Vorstellungskraft. Um es vorweg zu nehmen: Unsere vier Wände haben Barhöhe überschritten und nähern sich der 2m-Grenze. Runde 10 ist abgeschlossen und wir rechnen damit, dass wir nach weiteren 3 Runden mit dem Dach beginnen können. Doch das ist Zukunftsmusik; schauen wir erst mal ein bisschen zurück:
Es ist genau ein Monat her, seit wir mit Armins Hilfe die erste Runde in Angriff genommen haben. Das war harte Arbeit, mussten wir doch die Stämme noch mit dem Auto zum Bauplatz schleppen und sie dort dann von Hand ziehen, hochheben, drehen, ... . Gott sei Dank kriegten wir am nächsten Tag Verstärkung in Form von 2 Cousins von Sylvain (Pierre und Denis) und einem Traktor! Beide waren offiziell krank geschrieben (Schulterverletzungen) und vertrieben sich so die freie Zeit mit Waldarbeiten (dafür liessen sie abends die Übungen des Physiotherapeuten weg ...). Dank ihrer Hilfe hatten wir innerhalb zweier Tage alle 65 Stämme fein säuberlich am Bauplatz aufgestapelt. Eigentlich hätten wir jetzt liebend gern begonnen, die Wände hoch zu ziehen. Doch vorerst mussten wir noch den Boden unserer Hütte vorbereiten. Dabei war uns Armin mit seiner Erfahrung als Zimmermann eine grosse Hilfe. Im Abstand von etwa 70 cm verlegten wir Sparren. Darauf montierten wir einen Gitterrost (Schutz vor Stachelschweinen und anderen ungebetenen Gästen), den wir mit einem Holzrost bedeckten, um darauf schlussendlich grosse Holzplatten fest zu schrauben. Sobald das Dach dann gemacht ist, werden wir diesen Unterboden mit Styropor isolieren und mit einer zweiten Bretterschicht decken.
Vielleicht habt ihr auf dem letzten Foto unseres vorgängigen Berichts gesehen, dass ein Kabel über der Hütte verläuft. Zu Adis grosser Genugtuung arbeiten wir seit 2 Wochen mit einem Kettenflaschenzug, der an einer Skyline über den Bauplatz führt. Adi hat schon vor unserer Abreise davon gesprochen, auf diese Weise die Stämme zu bewegen. Ich war davon ehrlich gesagt wenig begeistert. Pierre dagegen hatte dieselbe Idee wie Adi und organisierte für uns das entsprechende Material. (Uns hätte das Vorhaben 2000 Dollar gekostet, er liess seine Connections spielen und bekam alles Occasion für sage und schreibe läppische 100 Dollar!) Mit Pierres Hilfe und dem Traktor stand uns 2 Tage später eine funktionstüchtige Skyline zur Verfügung, die uns die Arbeit bis heute ganz gewaltig erleichtert. Unser Tagesschnitt liegt so nun bei etwa 2 Stämmen. (Wenn`s regnet ziehen wir unsere wohlverdienten Freitage ein.) Unser Tagesablauf sieht kurz gesagt etwa so aus: Früh aus den Federn (ca. 6 Uhr), lang arbeiten und dann wieder früh (ca. 21 Uhr) schlafen gehen.
Die Mückenplage hat inzwischen etwas abgenommen, dafür gibt es Tage, die fast unerträglich heiss sind. (Kurzer Einschub: Das Chalet von Sylvain und Johanne sieht mit seinen grossen Fenstern zwar wunderschön aus, hat jedoch den Nachteil, dass es sich an schönen Tagen in ein Treibhaus verwandelt. Nach solch einem Tag stellten wir kurz entschlossen unser Innenzelt auf dem Steg auf und genossen die kühle Abendbrise. Am nächsten Morgen begannen wir unsere Arbeit noch vor dem ersten Hahnenschrei. Die Arbeitsbedingungen waren optimal, da der starke Wind die Mücken vertrieb; wir kamen zügig voran. Als wir abends müde zurück kehrten und unser Feierabendbier auf dem Steg geniessen wollten, war das Zelt verschwunden oder halt eben vom Winde verweht. Sofort starteten wir eine ausgedehnte Suchaktion im Unterholz. Ergebnislos. Es blieb nur noch eine Alternative übrig: der See. Adi hüpfte ins Kanu und paddelte dem Ufer entlang. Schon kurz darauf verriet mir sein Freudengeheul, dass er fündig geworden war. Das Zelt (und mit ihm Adis Stirnschlampe) lag etwa 300 m vom Steg entfernt in 2 m Tiefe auf Grund. Das Bergen war ein Kinderspiel, den Fischgeruch brachten wir allerdings bis heute nicht ganz weg. Übrigens: Petzl ist wasserdicht!)

An solch heissen Tagen wird das Programm entsprechend angepasst, indem wir vor 5 Uhr aufstehen, dafür zwischen 13 Uhr und 16 Uhr eine Siesta einschalten. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass Adi und ich auch auf dem Bauplatz ein Dreamteam sind und uns optimal ergänzen. Der Arbeitsablauf hat sich gut eingespielt; Runde um Runde heisst es Stämme putzen, auflegen, ausrichten, einzeichnen, runter nehmen, sägen, fräsen, isolieren, wieder hoch hieven und den Stamm zu guter Letzt in seine Verbindung fallen lassen. Das trockene "Toc", das ein sauber ausgearbeiteter Stamm beim Einpassen von sich gibt, ist zu einem unserer Lieblingsgeräusche geworden.
Doch nicht nur uns fasziniert der Blockhausbau. Denis und Pierre haben schon seit längerer Zeit vor, sich selber ein Rundholzhaus zu bauen und packen nun die Gelegenheit beim Schopf, sich erste Grundkenntnisse anzueignen. Auch sonst müssen wir keine Angst haben, hier zu vereinsamen, denn trotz Sackgasse taucht immer wieder jemand aus der grossen Verwandtschaft auf, der uns tatkräftig unterstützen will. Apropos Unterstützung: Morgen erhalten wir Verstärkung aus der Heimat! Nico und Denise Lätt haben sich ganz kurzfristig dazu entschlossen, uns hier in Kanada zu besuchen. Wir werden es geniessen, wieder mal mit jemandem so plaudern zu können, wie uns der Schnabel gewachsen ist (en suisse allemand!).

Friday, June 23, 2006

Was bisher geschah ...

Lange ist`s her, seit wir uns das letzte Mal gemeldet haben (was mit dem schönen Wetter und den dementsprechend guten Arbeitsbedingungen zusammen hängt). In der Zwischenzeit ist einiges geschehen:
Die 10 Tage zwischen Thomas` Rückkehr und Armins (der andere Holzknecht aus Deutschland) Ankunft nutzen wir, um das Fundament zu machen. Wir kaufen vier 30kg-Säcke Zement und sind froh, dass wir diese nur noch 30 Minuten und nicht mehr 3,5 Stunden schleppen müssen. Schnee hat es zwar keinen mehr, doch durch das nasse Wetter ist der Weg zum Bauplatz noch immer nicht befahrbar. Mit dem Zementsack auf dem Buckel keuchen wir schwitzend und um Atem ringend den Hügel hoch. (Und es wird uns einmal mehr bewusst, welch gewaltige Leistung Sherpas - darunter auch Frauen - mit rund 40 Kilo am Rücken und Sandalen an den Füssen in einigen 1000m Höhe vollbringen.)

Die ungefähre Lage unserer Blockhütte haben wir bereits festgelegt. Nun messen wir sie noch genau aus und achten darauf, dass wir unsere neun Sockel wenn möglich auf Fels bauen können. Wir kommen uns vor wie die Maulwürfe und unser Bauplatz verwandelt sich schnell in einen Acker. Doch schlussendlich haben wir unsere 9 Felsstücke freigelegt. Anschliessend nivellieren wir das Ganze mit einer Schnurwasserwaage und hoffen, dass sich während der Nacht kein Elch im Schnurrgewirr verfängt.
Um den Mörtel zu mischen, benötigen wir nebst dem Zement noch Sand und Kies. Sand finden wir im Bachbett genügend, doch Kies ist schwierig zu finden. Dazu kommt, dass wir uns nicht einig sind, was genau Kies ist, bzw. welche Grösse er hat. Schlussendlich erinnert sich Adi, am anderen Seeufer einen Kieshaufen gesehen zu haben. Ich telefoniere schnell Sylvain und der sagt ebenso schnell, dass wir davon nehmen könnten, soviel wir bräuchten. Super! Zwar bekomme ich vom eimerweise Kies über den See tragen lange Arme und Adi vom Mörtelmischen einen krummen Rücken, dafür lassen sich unsere 9 Säulen wirklich sehen. Auch wenn man den Sockeln ansieht, in welcher Reihenfolge sie entstanden sind, so sind wir doch mächtig stolz auf unser Werk. So setzen wir uns nach vollendetem Tageswerk müde aber zufrieden auf einen grossen Stein am Flussufer, genehmigen uns ein Feierabendbier und geniessen die Stille und den Blick über die ausgetrocknete Seeebene. So haben wir uns Kanada und unsere Arbeit vorgestellt!

Mütter und andere besorgte Leser: nächsten Abschnitt überspringen!

Plötzlich ruft Adi ungläubig: "Da, ein Bär!" Ich überschlage kurz, wie viel Bier er getrunken hat (daran kann's definitiv nicht liegen) und entscheide mich, um ihm eine Freude zu machen, für's Lachen. Adi ist inzwischen aufgesprungen und starrt wie gebannt auf die Ebene. Ich kann gerade noch denken, dass er nun doch etwas übertreibt, da sehe ich ihn auch. Etwa 150 Meter von uns entfernt, trottet ein Schwarzbär gemächlich über die Wiese. Zwei-, dreimal hebt er die Schnauze und schnuppert in der Luft. Doch wir stehen im Gegenwind, er kann uns also nicht riechen. Wir kommen uns vor wie im Kino und schauen dem Bären fasziniert zu, bis er im Wald verschwunden ist. Erst da wird mir bewusst, dass ich kaum 5 Minuten vorher genau an der Stelle, an der der Bär den Bach überquert hat, die nach dem Sandschöpfen liegen gelassene Schaufel geholt habe. Meine Knie werden etwas weich (was aber auch auf das Bier zurueckgeführt werden kann) und ich bin froh, dass das Timing nicht "besser" war.
Nach einer langen Regenperiode geniessen wir das schöne Wetter doppelt und stellen erfreut fest, dass diejenigen Stämme, die schon entrindet sind und an einem Sonnerplätzchen am Wegrand liegen, einen schönen Goldton bekommen. Weniger erfreut sind wir, als wir bemerken, dass einige der Stämme, welche am Schatten liegen (und das ist leider die Mehrheit) schon erste Graustellen aufweisen. So nutzen wir den noch verbleibenden Tag bis Armin ankommt damit, die schwachen (dünnen) und mittleren Stämme mit unserem guten alten Jeep an die Sonne zu ziehen. Dazu legen wir ein Stammende in den Kofferraum, befestigen es mit einer Kette an der Anhängerkupplung und fahren so im Schneckentempo zum Polter. Ich weiss nicht, ob unsere Rücken oder das Auto mehr gelitten haben, streng war es für alle drei!
Am Dienstag, dem 30. Mai, holen wir Armin am Flughafen ab. Er hat schon im Voraus angekündigt, dass er unbedingt die Niagarafalls sehen möchte. Und da auch Adi und ich ein paar Tage zum Ausspannen gebrauchen können, fahren wir schon am selben Tag Richtung Süden los. Sechs Tage und über 2000 Kilometer später sind wir wieder im Chalet; um viele Eindrücke und einige Erfahrungen reicher. Eine davon war ein klassischer Anfängerfehler, den wir genau 3mal machten: zum ersten Mal, zum letzten Mal und einmal zu viel. Wir liessen nämlich am ersten Abend auf dem Campingplatz sämtliche Autotüren offen, während wir die Zelte aufstellten. Ergebnis: Eine zehnminütige Klatschorgie als wir kurz darauf zum Nachtessen fahren wollten. Das war übrigens der Beginn einer grossen Leidenszeit. Wir hörten zwar von der ca. eineinhalbmonatigen Mücken- und Blackfliesplage, aber so schlimm haben wir uns das nicht mal in unseren schlimmsten Albträumen vorgestellt. Ohne Netz über dem Kopf zu arbeiten grenzt an Grössenwahn, der spätestens zwei Tage später in Masochismus umschlägt. Adi geht es besonders dreckig. Er ist der Liebling sämtlicher Insektenpopulationen und selbst wenn kein Millimeter Haut mehr sichtbar ist, finden die Biester einen Weg ins Innere. Der Ärmste steht jeweils kurz vor dem Amoklauf und kratzt sich nächtelang die Stiche und Bisse blutig. Inzwischen sieht er aus wie ein Aussätziger und wagt sich kaum mehr in Shorts und T-Shirt ins Dorf.
Aller Übel zum Trotz beginnen wir mit der ersten Runde unserer Blockhütte. Langsam aber sicher werden die Wände höher, was man spätestens beim "Ein- und Aussteigen" bemerkt. Doch um eure (und unsere) Nerven nicht zu arg zu strapazieren, werden wir im nächsten Bericht etwas genauer auf unsere Bauarbeiten eingehen.